LG Dortmund: Verlust des Verfügungsanspruchs bei Missachtung von § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG n.F.

LG Dortmund: Verlust des Verfügungsanspruchs bei Missachtung von § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG n.F.

Im Rahmen von wettbewerbsrechtlichen Abmahnungen hat sich für alle Beteiligten einiges geändert, seitdem das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vom 26.11.2020 ist am 02.12.2020 in Kraft getreten ist.

Die Neufassung bietet viele Neuerungen, die vom Abmahner zu beachten sind, will er nicht am Ende des Tages mit Zitronen handeln.

Die Neufassung des § 8c UWG n.F. lautet (auszugsweise) wie folgt:

(1) Die Geltendmachung der Ansprüche aus § 8 Absatz 1 ist unzulässig, wenn sie unter Berücksichtigung der gesamten Umstände missbräuchlich ist.
(2) Eine missbräuchliche Geltendmachung ist im Zweifel anzunehmen, wenn

(…)

3. ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt,
(…)

Das neue Gesetz hatte ein Abmahner im Rahmen einer Abmahnung vom 27.01.2021 wohl noch nicht auf dem Schirm.

Anders ist es vorliegender Beschluss des Landgerichts Dortmund nicht zu erklären, der zum Gegenstand hat, dass offensichtlich eine Abmahnung wegen fehlender Pflichtangaben gemäß § 5 TMG, fehlender Widerrufsbelehrung und fehlender Information/Verlinkung zur OS-Plattform ausgesprochen worden war, mit welcher die Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung sowie die Zahlung von Rechtsanwaltskosten aus einem Streitwert von 30.000,- EUR verlangt wurden.

Das Landgericht Dortmund (Beschluss vom 16.02.2021, 10 O 10/21) kommt zu dem (richtigen) Ergebnis, dass hier rechtsmissbräuchliches Verhalten des Abmahners vorliegt, da hier nicht bloß ein unangemessener Gegenstandswert vorläge, sondern vielmehr sogar nicht geschuldtete Gebühren verlangt worden seien.

Aus den Entscheidungsgründen:

„Der Antragsteller begehrt eine einstweilige Verfügung mit dem Inhalt, aus der Antragsschrift vom 08.02.2021. Er nimmt den Antragsgegner, welcher als Privatperson auf der Internetplattform W3 neue Haushaltsartikel anbietet und verkauft, wegen fehlender Pflichtangaben gemäß § 5 TMG, fehlender Widerrufsbelehrung und fehlender Information/Verlinkung zur OS-Plattform im Wege der einstweiligen Verfügung auf Unterlassung in Anspruch.

Mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 27.01.2021 mahnte der Kläger den Beklagten ab. Die Kosten der Inanspruchnahme wurden in diesem Schreiben unter Zugrundelegung eines Streitwertes von 30.000,00 € mit 1.501,19 € beziffert. Zugleich wurde der Antragsgegner zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung aufgefordert.

II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung war zurückzuweisen, da der Geltendmachung des Unterlassungsanspruches § 8c UWG n.F. entgegensteht.

  1. Das Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vom 26.11.2020 und damit auch § 8c UWG n.F. ist bereits am 02.12.2020 und damit sowohl vor Eingang des Verfügungsantrages als auch vor der Kenntnis des Antragstellers von den geltend gemachten Verstößen in Kraft getreten.
  2. Nach § 8c Abs. 2 Nr. 3 UWG n.F. ist eine missbräuchliche Geltendmachung im Zweifel schon dann anzunehmen, wenn ein Mitbewerber den Gegenstandswert für eine Abmahnung unangemessen hoch ansetzt. Dies muss erst recht dann gelten, wenn nicht durch die überhöhte Ansetzung eines Gegenstandswertes überhöhte Gebühren in Ansatz gebracht, sondern sogar Gebühren gefordert werden, die schon dem Grunde nach nicht geschuldet werden. So liegt es hier, denn mit dem Abmahnschreiben vom 27.01.2021 werden Gebühren geltend gemacht, obwohl dies vorliegend gemäß § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG n.F. (in Kraft getreten vor Fertigung des Abmahnschreibens, s. o.) ausgeschlossen ist. Nach dieser Norm konnte der Antragsteller keinen Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen, weil es um Verstöße gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten ging.

Im Übrigen dürfte auch schon dieses missbräuchliche Vorgehen bei der Abmahnung auf den nachfolgenden Verfügungsantrag durchschlagen (Köhler/Bornkamm, UWG, 39. Aufl., § 8c, Rn. 7)

  1. Eine andere Bewertung ergibt sich auch dann nicht, wenn man eine weitergehende Gesamtbetrachtung (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 12) anstellt. So handelt es sich bei den verfolgten Rechtsverstößen um solche, die sich mit technischen Mitteln recht einfach ermitteln lassen (vgl. Köhler/Bornkamm, a.a.O., Rn. 15). Hinzu kommt hier noch, dass der Antragsteller eine strafbewehrte Vertragsstrafe forderte, obwohl ihm auch dies nach der neuen Gesetzeslage, § 13a Abs. 2 UWG n.F. i.V.m. § 13 Abs. 4 Nr. 1 UWG n.F., verwehrt war. Dass der Antragsgegner etwa in der Regel 100 oder mehr Mitarbeiter beschäftigte, war nach Lage der Dinge ersichtlich ausgeschlossen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Was wir davon halten…

Aufgrund der Neuregelung des UWG durch das am 02.12.2020 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung des fairen Wettbewerbs vom 26.11.2020 ist es keineswegs so, dass wettbewerbsrechtliche Abmahnungen gegen Mitbewerber gänzlich ausgeschlossen sind. Das vorgenannte Gesetz hat allerdings zu einer signifikanten Änderung der Spielregeln geführt, die natürlich zwingend einzuhalten sind.

Rechtsanwalt Jens Leiers / MUENSTER LEGAL

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